Das zuständige Landesverwaltungsamt Halle (LVwA) kündigte am 03. April 2009 nach Monaten des Schweigens an, die erneut festgestellten Überschreitungen der genehmigten Schlachtkapazität sowie weitere Verstöße der Firma Tönnies gegen diverse Nebenbestimmungen in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ahnden zu wollen. Ein rechtskräftiger Bescheid diesbezüglich liegt aber weiterhin nicht vor. Die Bürgerinitiative hält dieses verspätete Vorgehen als unzureichend und fordert weitergehende erhebliche Konsequenzen.
So bleibt unklar, auf welcher Basis die Auffassung vertreten werden kann, dass Fleischwerk könne derzeit eine Schlachtkapazität von 1.375 t/d (12.000 Schweine/Tag) nutzen, obwohl nach eigener Bestätigung nicht alle im Bescheid vom 27. Mai 2008 festgelegten Auflagen insbesondere hinsichtlich Lärm– und Geruchsimmissionen bisher vollständig umgesetzt sind. Des Weiteren lässt die Behörde völlig offen, warum im Rahmen der angeblich ständig durchgeführten Anlagenüberwachung nicht sofort eingeschritten wurde und man zumindest bis zu einer Klärung des Sachverhalts die Einhaltung der 1.000 t/d pro Tag (ca. 8.600 Schweine/Tag) zum Schutze der Wohnnachbarschaft und Umwelt durchsetzte.
Obwohl im Rahmen des Bundesimmissionschutzverfahrens die von Tönnies vorgelegten Parteigutachten bereits mehrfach nachgebessert werden mussten und deren Prognosen von der Bürgerinitiative auch weiterhin als unzureichend angesehen werden, wurde von Tönnies Ende 2008 offensichtlich eine weitere Modellrechnung vorgelegt, auf deren Basis die Behörde glaubt, einen nach wie vor rechtswidrigen, weil nicht genehmigungskonformen Anlagenbetrieb selbst rückwirkend dulden zu können. Tönnies nutzte laut LVwA bereits ab 02. Juni 2008 (!), also ganze 6 Tage später, eine Schlachtkapazität von täglich 12.000 Schweinen aus, ohne das für eine bauliche Umsetzung der zahlreichen Schutzauflagen überhaupt Zeit war.
Die Bürgerinitiative als Verfahrensbeteiligte, welcher bisher keinerlei die behördliche Auffassung stützenden Informationen übermittelt wurden, hält ein solches nicht transparentes Vorgehen als absolut unakzeptabel und beantragte umgehend, sämtliche umweltrelevanten Informationen zur eigenen Rechtsprüfung übermittelt zu bekommen. Völlig unzufriedenstellend, gar absurd ist die Haltung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, welches die an den Herrn Ministerpräsidenten Prof. Böhmer gerichtete Dienstaufsichtsbeschwerde über das LVwA Halle von selbiger Behörde prüfen lässt und dabei weiter keine Versäumnisse erkennen kann.
Ungeachtet dessen gilt aber weiter, dass die Anlage nach wie vor von der Genehmigung abweichend betrieben wird, da wichtige Immissionsminderungsmaßnahmen des beklagten Bescheides vom 27.05.2008 wie z.B. eine neue Schlachttierwartehalle selbst bis heute nicht vollständig errichtet sind.
Nach Rechtsauffassung der Bürgerinitiative stellt die monatelange Schlachtung von 12.000 Schweinen/Tag eine erhebliche Überschreitung der bis zur Einhaltung aller Genehmigungsauflagen weiter geltenden Grenze von täglich 8.600 Tieren dar, für welche die bisher angekündigten Ordnungsmaßnahmen völlig zu kurz greifen.
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(Stand 20.04.2009)